OP-Vorbereitung und Pacing
Als ob ME/CFS noch nicht reicht, habe ich jetzt an der rechten Hand auch noch ein Karpaltunnel-Syndrom. Für alle, die nicht wissen, was das ist: Laut Net Doktor "...eine Erkrankung, bei der ein Nerv im Handgelenk eingeklemmt wird. Dies kann zu Schmerzen, Missempfindungen und Lähmungen führen". Und das muss nun recht schnell operiert werden.
Natürlich sind mir tausend Gedanken durch den Kopf gegangen, als klar war, dass Krankengymnastik und Co. nichts mehr bringen werden. Dass wohl nur eine OP den Nerv vor einer dauerhaften Schädigung bewahren kann. Aber bevor ich zum Handchirurgen gehen konnte, musste die Diagnose erst von einem Neurologen bestätigt werden.
Also habe ich dort einen Termin gemacht und ein äußerst empathisches Exemplar getroffen: „Na, da haben Sie wohl zu viel am Handy rumgespielt?“ – und das sagt er als allererstes, ohne mit mir gesprochen oder mich untersucht zu haben. Da fehlen einem die Worte 😧!
Nach dieser Erfahrung - und vielen weiteren in dieser Art in der Vergangenheit - habe ich das Anästhesie-Gespräch als größte Herausforderung empfunden. Und mich deshalb auch sehr akribisch darauf vorbereitet: Es gibt schließlich so viele Dinge, die man als ME/CFS-Betroffene beachten muss, an die man aber zunächst einmal nicht denkt. Diese erschließen sich erst beim genauen Durchspielen der Situation.
Aber sowohl mit der Handchirurgin Frau Dr. Balkanova als auch mit der Anästhesistin Frau Böhme vom MVZ Warburg habe ich wohl so was wie einen Lottogewinn gezogen: Auch wenn sie ME/CFS nicht kannten, sind sie mir beim gestrigen Vorgespräch - genau wie alle anderen Mitarbeiter der Praxis - mit so viel Empathie und Verständnis begegnet, dass ich mich für die OP nächste Woche in guten Händen weiß. Wir haben ausführlich über alle Punkte, die ich mir im Vorfeld des Gesprächs notiert hatte gesprochen und sie werden nicht nur beachtet sondern auch umgesetzt:
· Erklärung was ME/CFS ist und welche Auswirkungen Geräusche (Unterhaltung, Klappern von Instrumenten), Licht (OP-Lampe!!) und Stress auf mich hat. Dass es unter Umständen zu einer dauerhaften Verschlechterung kommen kann.
· Die Bitte, meinen Kopfhörer und meine Schlafbrille mit in den OP nehmen zu dürfen oder entsprechende Alternativen gestellt zu bekommen
· Die Frage nach einem ruhigen Raum, wo ich mich während der Wartezeit bis die OP beginnt mich hinlegen kann, um den Stresslevel so gering wie möglich zu halten
· Hinweis auf für ME/CFS-Patienten besondere Anästhesie-Medikamente und dass diese leicht zu sedieren sind (im Bereich Wissenswertes findet Ihr unter „Download“ einen Notfall- und Anästhesie-Pass der Schweizerischen Gesellschaft für ME & CFS zum herunterladen)
· Die Bitte, möglichst den 1. Termin am OP-Tag zu bekommen, damit Hunger den Körper nicht noch zusätzlich stresst, wenn man erst mittags drankommt und nüchtern ist
Ich bin so froh, dass diese Punkte auch noch in meiner Akte vermerkt wurden und ich damit am OP-Tag keine Diskussionen führen muss. Es gibt sie also doch noch, die wirklich empathischen Ärzt*innen, die ME/CFS erst nehmen und die negativen Erfahrungen ein bisschen wett machen 😊!
Für die Vorbereitung blieb nur noch die Frage: Wie mache ich das in den ersten Wochen nach der OP mit Essen, Körperhygiene und Anziehen der Kompressionsstrumpfhose? Zuerst dachten wir an einen Pflegedienst, aber dann hat meine Schwiegermutter angeboten, die ersten Tage zu kommen und mich zusammen mit meinem Mann zu unterstützen. Das hat mich richtig gefreut und damit bin ich dann auch sehr gut aufgestellt.
Um durch den Stress - der durch eine OP unweigerlich entsteht - keinen Crash zu riskieren, habe ich beschlossen, bis zum OP-Tag am nächsten Dienstag mein Pacing zu intensivieren. Ich möchte mein Energielevel auf einem höheren Niveau halten und dafür werde ich in den kommenden Tagen nur so viel tun, wie ich während eines Crashs tun würde: Alle Aktivitäten, Besuche, Telefonate und Termine die nicht unbedingt notwendig sind, werden konsequent vermieden. Ganz pacing-konform werde ich auch mit dem Blog eine Pause einlegen und keine neuen Beiträge veröffentlichen. Ich melde mich mit neuen, spannenden und interessanten Geschichten aus meinem Alltag, sobald die OP gut überstanden habe und wieder fit bin!
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