Coping und... Akzeptanz

Coping und... Akzeptanz
Photo by Max van den Oetelaar _Unsplash

Wie der letzte „Nachgefragt“-Beitrag gezeigt hat, ist es gar nicht so einfach therapeutische Hilfe zu bekommen. Doch wie könnte Coping – vielleicht auch nur für den Anfang - auch ohne Hilfe von außen funktionieren? Angelehnt an die Herangehensweise der American Myalgic Encephalomyelitis and Chronic Fatigue Syndrome Society (AMMES) und dem ME/CFS & Fibromyalgia Self-Help Program beleuchte ich in der Beitragsreihe „Coping und…“ verschiedene Aspekte des Copings. Den Anfang macht die Akzeptanz:

Der entscheidende und wichtigste aber gleichzeitig auch schwerste Punkt beim Coping ist es, überhaupt erst einmal zu akzeptieren, dass man diese Erkrankung hat. Schon alleine das fordert eine Menge Mut und Stärke. Denn anzuerkennen, dass ME/CFS eine ganze Menge und zum Teil massive Limitierungen mit sich bringt, wirft das ganze Lebenskonzept mal schleichend, mal von jetzt auf gleich über den Haufen. Auch nicht mehr alles selbst erledigen zu können, sondern auf Hilfe angewiesen zu sein, ist ein großer Einschnitt ins Leben und das zu akzeptieren fällt schwer und braucht eine gewisse Zeit.

Doch bevor jetzt der Aufschrei kommt, dass Akzeptanz gleichzusetzen ist mit sich selbst aufgeben oder Resignation: Für mich heißt Akzeptanz den Mut zu haben, die Ist-Situation anzunehmen, so wie sie gerade ist. Es heißt nicht, dass ich nicht selbst in der Lage bin, zumindest einen winzigen Einfluss zu nehmen. Es heißt auch nicht, dass ich in dieser Situation verharren möchte und mich aufgebe. Nein, Akzeptanz bedeutet für mich, dass ich meine Energie nicht dafür verschwende gegen das, was da ist anzukämpfen. Sondern dass ich nach Möglichkeiten suche, wie und womit ich meine Situation verbessern kann. Und sei es auch nur minimal, so dass ich das Gefühl habe, selbst etwas bewirken zu können.

Akzeptanz bietet Potenzial für Selbstwirksamkeit

Und auch wenn es sich erst einmal fremd und nicht richtig anfühlen mag, diese schwere Erkrankung zu akzeptieren, so bietet die Akzeptanz doch auch Potenzial für Selbstwirksamkeit. Zum Beispiel bringt ME/CFS unter anderem ein hohes Maß an Unvorhersehbarkeit mit sich und es ist dennoch wichtig, flexibel auf Veränderungen des Zustandes oder äußerer Umstände zu reagieren. Daher heißt es auch hier erst einmal diese Unvorhersehbarkeit und damit einhergehend die Abwesenheit von Spontanität zu akzeptieren. Dennoch gibt es auch hier in Punkto Selbstwirksamkeit etwas, was man tun kann: Das Erlernen und Anwenden von Pacing. Und das heißt zunächst, den Energieverbrauch einzelner Aktivitäten einschätzen zu lernen, die individuelle Baseline zu ermitteln sowie die individuellen Warnsignale auf kognitiver, physischer und emotionaler Ebene herauszufinden. Mit diesem Wissen um die eigene Baseline und entsprechenden Pacing-Maßnahmen können dann zum Beispiel der Push-Crash-Cycle oder rolling PEM verhindert werden.

Das Schwerste, was ich je bewältigen musste

Es hört sich so einfach an, wenn es heißt „Du musst das akzeptieren“. Doch genau das zu tun ist einerseits mit das Schwerste, was ich je bewältigen musste, andererseits hat mir erst die Akzeptanz der Ist-Situation die Möglichkeit gegeben, mit ihr umzugehen und Möglichkeiten der Selbstwirksamkeit zu finden.   

Die Anregungen und Maßnahmen der Beitragsreihe „Coping und…“ kann man natürlich auch Stück für Stück alleine umsetzen. Aber genau hier wäre die Unterstützung von Therapeuten, die sich mit Coping für ME/CFS gut auskennen wichtig und hilfreich. Hoffentlich wird sich auch in diesem Punkt die Versorgungslage in Deutschland in naher Zukunft einmal verbessern!

Der nächste Teil der Beitragsreihe "Coping und ..." wird sich mit dem wichtigen Thema Stress befassen.

Wie ist das bei Euch? Wie sieht Euer Coping im Bereich Akzeptanz aus?

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