Herausforderung Umzug
Dröhnende Bohrgeräusche, Sägen und Hämmern - Mit diesem ständigen Baulärm, der mir seit unserem Einzug vor rund 18 Monaten das Leben richtig schwer macht, stand der Entschluss fest: Wir müssen hier raus! Doch diese Entscheidung zu treffen war nicht leicht, denn ich habe nach dem letzten Umzug mehr als 3 Monate gebraucht, um mich davon zu erholen. Aber es wird noch mindestens weitere 2 Jahre dauern, bis alle Wohnungen in dem Haus, in dem wir wohnen umgebaut und renoviert sind. Für einen Menschen mit ME/CFS die Hölle! Was ist da schlimmer und schädlicher für mich: Der Umzug mit der großen aber zeitlich absehbaren Belastung oder weiter den teilweise unerträglichen Baulärm auf unabsehbare Zeit ertragen?
Jeden Freitag und Samstag und manchmal auch an anderen Wochentagen sitze ich in unserer Wohnung und möchte am liebsten wegrennen, weil jeder Hammerschlag mich zusammenzucken lässt. Das Dröhnen des Bohrers meine Nerven aufs äußerste anspannt. Dann laufen mir die Tränen vor Hilflosigkeit herunter. Doch wohin ausweichen? Auch wenn es das eine oder andere Plätzchen gibt, wo ich hinkönnte: Das ist letztendlich auch Stress für mich. Und was ist ein Zuhause wert, aus dem man Woche für Woche, Monat für Monat immer wieder fliehen muss?! Zudem ist inzwischen sehr deutlich geworden, wie hellhörig das Haus ist. Wie soll das erst werden, wenn andere Mieter eingezogen sind? Im Moment sind wir ja noch alleine hier. Also haben wir uns nach dem Abwägen von Nutzen und Risiken dazu entschlossen, nach einem Haus zum Mieten zu suchen, in dem wir alleine wohnen. Und wir haben es gefunden!
Natürlich wird der Umzug kein Spaziergang und ich habe ziemlich Respekt davor. Eine der größten Herausforderungen ist hierbei die Integration dieses Mamut-Projektes in mein Pacing. Gar nicht so einfach, wenn der Adrenalinpegel steigt und ich in Gedanken den Umzug schon in allen Details plane. Der Kopf andauernd in Aktion ist und überlegt, wie die Möbel stehen könnten, wie unsere Küche in die neuen Räume integriert werden kann und was bis wann und von wem erledigt werden muss. Wie oft wache ich im Moment mitten in der Nacht auf, weil mir eine Idee für die Inneneinrichtung kommt oder mir siedend heiß einfällt, dass etwas unbedingt erledigt werden sollte.
Und zack ist man wieder in früheren Mustern unterwegs - schließlich war Projektmanagement mal Teil meines beruflichen Lebens. Aber genau darin besteht jetzt die große Gefahr! Denn so gut und wichtig es sein mag, dass man plant, so wichtig und unverzichtbar ist es mit ME/CFS den Stress in minimalen Grenzen zu halten. Im „normalen“ Leben und erst recht bei einem Umzug. Daher werden wir - anderes als noch vor 10 oder 15 Jahren - den Umzug auch nicht gemeinsam mit Freunden stemmen. Wir werden nicht zigmal hin und herfahren, sondern haben eine Umzugsfirma beauftragt, denn das wird in unseren Augen deutlich stressfreier. Nur das Kisten packen machen wir Stück für Stück selber.
In den nächsten Wochen wird meine Hauptaufgabe sein, meinen Stresspegel im Rahmen zu halten und meine immerfort rennenden Gedanken zu zähmen. Das versuche ich mit Yoga Nidra und der Stimulation des Vagusnervs . Mal gelingt das recht gut, an anderen Tagen fühle ich mich richtig getrieben und diese Strategien gehen nicht auf. Da heißt es dann besonders geduldig mit mir zu sein und so lange am Ball zu bleiben, bis das Gefühl der Getriebenheit dem der inneren Ruhe weicht.
Ich sehe es als große, herausfordernde Spielwiese, meinen Perfektionsanspruch und meinen Wunsch alles unter Kontrolle zu haben, bei dem Umzug hintenanzustellen und mein Pacing jeden Tag und jede Minute zu priorisieren. Ob mir das gelingt? Wahrscheinlich nicht immer, aber ich werde jeden Tag daran arbeiten! Das heißt dann aber auch, dass ich mit dem Blog den kompletten Mai pausieren werde. Ab Anfang Juni dürft Ihr Euch wieder auf neue Themen in der Rubrik "Nachgefragt" und Geschichten aus meinem Pacing-Alltag freuen.
Wie ist das bei Euch? Wie habt Ihr es geschafft, Euren Umzug ins Pacing zu integrieren?
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