Elektronische Patientenakte: Ja oder Nein?
Wie viele Millionen Menschen habe auch ich vor einigen Wochen ein Schreiben meiner Krankenkasse zum Thema ePA (elektronische Patientenakte) bekommen. Ich habe den Brief ehrlich gesagt erst einmal in die Schublade gesteckt, weil es mir in dem Moment nicht so wichtig war. Nun habe ich nur noch bis zum 15. Januar 2025 Zeit, mich zu entscheiden, ob ich dem zustimme – dann muss sich nichts weiter tun - oder ob ich einen Widerspruch schicke.
Doch darauf eine Antwort zu finden ist gar nicht so einfach. Denn es gibt einige Punkte, die ich gut und richtig finde. Aber auch gravierende Argumente, die mich ganz klar zu einem Widerspruch tendieren lassen. Daher gilt es das Für und Wider genau gegeneinander abzuwägen. Denn diese Entscheidung kann unter Umständen weitreichende Folgen haben.
Um klarer durch den Dschungel an Informationen zu blicken habe ich die Argumente, die für meine Entscheidung relevant sind, gegenüber gestellt. Für die ePA sprechen in meinen Augen diese Punkte:
- In Notfallsituationen spart der direkte Zugriff auf alle relevanten Gesundheitsdaten eine Menge Zeit und kann unter Umständen lebensrettend sein.
- Die Zahl der Doppeluntersuchungen sinkt, weil der behandelnde Arzt auf bereits bestehende Untersuchungsergebnisse zugreifen kann. Das entlastet das Gesundheitssystem sowohl finanziell als auch in Hinblick auf Termine.
- Die Medikamentensicherheit wird verbessert, weil sofort ersichtlich ist, welche Medikamente verordnet wurden und somit die Gefahr von gefährlichen Wechselwirkungen sinkt.
- Eigene Administration meiner Daten: Ich kann selbst über den Zugriff auf meine Daten entscheiden und ggf. bestimmte Daten löschen. Das würde unter Umständen allerdings auch den Sinn der ePA ad absurdum führen.
- Ich müsste nicht zu jedem neuen Arzt alle meine Vorbefunde in einer Mappe mitnehmen.
Viel gravierender sind in meinen Augen aber die Risiken, die mit der ePA in der jetzt angestrebten Form verbunden sind:
- Gesundheitsdaten sollen anonymisiert aus der ePA über das Robert-Koch-Institut (RKI) an das Forschungszentrum Gesundheit weitergeleitet werden. Allerdings kann dem aktiv widersprochen werden, wenn man dies nicht möchte.
- Die Schweigepflicht wird ausgehebelt: Nach Einlesen der Versicherungskarte haben Ärzte 90 Tage und Apotheken 3 Tage lang Zugriff auf alle Daten und können meine gesamte Krankengeschichte nachlesen.
- Gerade im Hinblick auf die bereits existierende massive Psychologisierung von ME/CFS sehe ich es sehr kritisch, wenn alle Ärzte Zugriff auf bereits bestehende F-Diagnosen haben.
- Die Verwaltung meiner Daten bedeutet wahrscheinlich einen nicht zu unterschätzenden Aufwand, da ich theoretisch nach jedem Arztbesuch die entsprechende Dokumentation prüfen und ggf. anpassen muss.
- Das ganze System scheint nur unvollständig getestet zu sein, denn einige Experten sprechen von gravierenden Sicherheitsmängeln.
- Durch die vom Bundesministerium für Gesundheit angestrebte Kooperation mit Datenriesen wie Meta und Google ist eine Kommerzialisierung sensibler Gesundheitsdaten mehr als nur eine Möglichkeit.
Was das nun für mich heißt? Für mich persönlich hat die ePA definitiv mehr Nachteile, als dass sie mir Nutzen bringt. Auch wenn ich dann weiterhin meine Mappe mit Vorbefunden zu neuen Ärzten mitnehmen muss. Denn das scheint mir vor allem in Hinblick auf die Datensicherheit das kleinere Übel zu sein. Im Notfall können Rettungskräfte über mein Notfallarmband auf meine bestehenden Diagnosen sowie meine aktuellen Medikamente zugreifen. Und dass - gerade im Hinblick auf meine wenige Energie - keine Doppeluntersuchungen gemacht werden, darauf achte ich genauso wie auf Wechselwirkungen lieber selbst.
Wie ist das bei Euch? Seht Ihr bei der ePA mehr Chancen oder mehr Risiken?
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