Muss ich eigentlich alles selber machen?
Es war so ein Tag, den wirklich keiner braucht: Keuchend wie eine Dampflok lag ich nach der Hausarbeit auf dem Sofa und habe mich gefragt, wofür zur Hölle ich das eigentlich tue. Muss die Wohnung wirklich wie im Möbelkatalog aussehen? Das Unkraut auf dem Balkon von mir gejätet werden? Die Fenster alle paar Wochen und von mir geputzt werden?
Erst wenn man - zum Beispiel durch Krankheit - nicht mehr so funktioniert, wie man es sich wünscht und gewohnt ist, wird einem deutlich, welche Wertmaßstäbe man anlegt. Und so habe ich mich gefragt: Wie (lebens)notwendig sind Putzen, Kochen, Staubsaugen, Bügeln, Aufräumen, Unkraut jäten, etc. eigentlich für mich? Unter „normalen“ sprich gesunden Bedingungen waren sie mir einmal sehr wichtig: Wie viele andere von ME/CFS Betroffene war ich in meinem früheren Leben eine Perfektionistin. Mir waren Ordnung und Sauberkeit sehr wichtig und Unordnung war für mich etwas Unangenehmes, da fühlte ich mich einfach nicht wohl.
Nun, da Pacing, Fatigue und PEM in meinem Leben die Hauptrollen spielen, hat sich einiges geändert. Zum Beispiel habe ich gelernt, auch mal „fünfe gerade sein zu lassen“. Was früher undenkbar war, ist heute - vielleicht auch gezwungenermaßen – fast schon Alltag und fällt mir immer leichter.
Aber auch wenn sich das so leicht anhört: Ihr könnt Euch sicherlich vorstellen, wie schwer es war, vom Perfektionismus zum notwendigen "Laissez-faire-Denken" zu kommen. Es war ein langer Weg voller Rückschläge und Frust, bis ich mir eingestehen konnte, dass ich mit der Krankheit ME/CFS den kompletten Haushalt alleine nicht mehr schaffe. Und dann hat es noch mal einige Zeit gedauert, bis ich auch bereit war, Hilfe anzunehmen.
Doch ist es wirklich so bedeutend, von wem der Haushalt erledigt wird? Aus heutiger Sicht kann ich die Frage nur verneinen und verstehe schon fast nicht mehr, warum es mir eigentlich so schwergefallen ist, Hilfe anzunehmen! Heute kommt einmal in der Woche unsere Putzfee für zweieinhalb Stunden und erledigt einen Großteil der für mich zu schweren Hausarbeiten, wie Fenster, Bad und Böden putzen sowie Staubsaugen.
Und an den restlichen Tagen darf es dann auch mal unordentlich sein, der Spüler wird nicht sofort ausgeräumt und die Bügelwäsche türmt sich. Dafür habe ich ein bisschen Energie für schöne Dinge gewonnen, die meine Seele nähren. Das ist im Moment wichtiger als alles andere!
Wie ist das bei Euch? Möchtet Ihr auch am liebsten alles selber machen?
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