Anderen beim Arbeiten zusehen? Schwerstarbeit!

Anderen beim Arbeiten zusehen? Schwerstarbeit!
Bild KI generiert

Eigentlich eine richtig gute Idee: Meine Freundin kam mit ihrem Mann sowie Hund Delia und hatte neben Putzutensilien auch noch Kuchen, Spargel, Kartoffeln und Schinken im Gepäck. Das Ziel dieser Aktion: Mein Mann und ich sollten uns nach dem kräftezehrenden Umzug einmal richtig verwöhnen lassen. Die beiden kümmern sich um Fensterputzen, Küchenschränke auswischen, Unkraut zupfen, Lampen anbringen und was im neuen Zuhause sonst noch so anliegt. Zwischendurch wird das Mittagessen gezaubert und zum Nachtisch gibt’s Kuchen. Und wir dürfen uns derweil in den Garten legen und einfach nur ausruhen.

Einfach? Von wegen! Anderen beim Arbeiten zusehen zu müssen, ist emotionale Schwerstarbeit für mich. Durch die Ansichten unserer heutigen Leistungsgesellschaft, aber auch durch meine frühkindliche Prägung habe ich das innere Bild, dass Nichtstun mit Faulheit gleichzusetzen und somit verwerflich ist. Und dann soll ich "faul" sein und zusätzlich anderen seelenruhig dabei zusehen, wie sie „meine“ Arbeit verrichten? Damit komme ich nur ganz schwer klar. Zudem fühlt es sich trotz verinnerlichtem Pacing einfach falsch an. Auch wenn ich weiß, dass das in meiner Situation mit ME/CFS genau das Richtige ist.

Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung

Aber sind es wirklich nur die gesellschaftlichen Normen oder warum fällt es mir so schwer, bei solch einem großartigen Hilfsangebot einfach Hurra zu schreien und den Rest des Tages auf dem nächstbesten Liegestuhl Platz zu nehmen? Warum plagt mich statt dessen das schlechte Gewissen? Für mich die plausibelsten Antworten: Weil ich immer diejenige war, die anderen geholfen hat. Und weil ich Menschen, die sich aus Faulheit von anderen bedienen lassen und diese ausnutzen, immer verachtet habe. Aber dass es eben weit weg von "sich bedienen lassen" sondern notwendiges Pacing ist, fühlt sich immer noch nicht wahr an. Auch dass ein ehrlich gemeintes Hilfsangebot kein Ausnutzen ist weiß ich mit dem Verstand, aber nicht mit dem Gefühl.

Da wundert es niemanden, dass es kam wie kommen musste: Da mein Mann den Liegestuhl mied und lieber mit anpackte, ließ auch ich mich mitreißen und machte das eine oder andere. Mit mehr Pausen im Garten als die anderen, aber dennoch habe ich damit sowohl die schöne Idee unserer Freunde als auch mich selbst sabotiert, weil mein innerer Antreiber lauter war als mein Bedürfnis nach Ruhe. Aber wie heißt es so schön: Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung und ich freue mich, dass mir wieder ein wichtiges Puzzleteil bewusst geworden ist.

 

Wie ist das bei Euch? Fällt es Euch auch so schwer, anderen beim Arbeiten zuzusehen?

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